Darauf achten Firmen bei der Auswahl eines Influencers

Interview mit Sandra Benz, Content Creator und Online Marketing Managerin

Wie wählen Unternehmen eigentlich passende Influencer für ihre Kampagnen und Kooperationen aus? Und wie kann ich sie auf mich aufmerksam machen? Diese Fragen beantwortet heute unser erster Insider: Sandra Benz, Content Creator und Online Marketing Managerin.

Creators Inside: Hallo Sandra! Ich freue mich, dich als ersten Insider für Creators Inside mit Fragen löchern zu dürfen. Stell dich doch bitte einmal kurz vor und erkläre unseren Insidern was du beruflich machst.

Sandra: Hallo liebe Insider, ich bin Sandra, 29 Jahre alt und komme aus München. Ich bin auf beiden „Seiten“ des Influencer Marketings tätig – sowohl selber als Influencer, als auch als Angestellte auf Unternehmensseite und freue mich euch mit diesem Interview ein paar Einblicke und Tipps für Kampagnen mit Unternehmen geben zu können.

Mit meinem eigenen Instagram Account @sandrabenz bin ich bereits seit 2012 aktiv, also noch lange bevor das Wort „Influencer“ überhaupt existiert hat 🙂 Richtig aktiv als Influencer & Content Creator bin ich nun seit ca. 6 Jahren und arbeite mit Brands wie dyson, Nespresso und Douglas – ich würde mich daher allgemein den Themen Lifestyle, Fashion und Travel zuordnen.

Hauptberuflich bin ich seit 5 Jahren im Online Marketing tätig und betreue die verschiedensten Themen von Performance Marketing über Newsletter bis hin zu Mediaplanungen. Ich arbeite in einem mittelständischen Fashion E-Commerce Unternehmen für Premium & Luxus Brands und betreue hier unter anderem auch das Thema Influencer Marketing. Wir führen jährlich mehrere tausend Influencer Kampagnen in allen europäischen Märkten durch. Ich bin hierbei hauptsächlich für den DACH Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) zuständig – strategisch als auch operativ.

Nun aber genug von mir, lasst uns mit dem Interview los legen 🙂

Creators Inside: Wie nimmst du Influencer Marketing und werbliche Inhalte auf Instagram in deiner Bubble als Online Marketing Managerin und andererseits als Content Creator wahr?

„Influencer Marketing ist effektiver und günstiger als TV-Werbung“

Sandra: Ich muss sagen, dass sich meine Wahrnehmungen hierbei vermutlich ziemlich vermischen, da ich gar nicht mehr als nur das eine oder andere denke, aber ich versuche trotzdem einmal zu differenzieren 🙂

Aus Sicht meiner Position als Online Marketing Managerin finde ich das ganze Thema Influencer Marketing total spannend und entdecke noch viel Potential. Aus Unternehmenssicht hat sich das Thema definitiv als eigener Marketing Kanal etabliert und ist im Vergleich zu beispielsweise TV-Werbung und Anzeigen in Zeitschriften deutlich effektiver & günstiger. Ich kann dadurch absolut nachvollziehen weshalb so viele Unternehmen auf Influencer Marketing setzen und beobachte gerne welche Strategien und Erfolge bei anderen Unternehmen zu erkennen sind.

„Man möchte sich selbst nicht mit dem Begriff Influencer identifizieren.“

Aus Sicht als Content Creator sehe ich noch viel Lernbedarf bei Unternehmen, aber auch bei Influencern. Influencer Marketing ist zu einem vollwertigen Marketing Instrument geworden, jedoch sehen viele Unternehmen & Influencer es noch nicht als professionelle Geschäftsbeziehung was mich teilweise verärgert oder nervt. Dadurch ist der Begriff „Influencer“ auch etwas negativ behaftet, weil es leider viele schlechte Kampagnen gibt und man sich selber gar nicht mehr mit diesem Begriff identifizieren möchte.

Creators Inside: Auf welche KPIs schaust du bei der Wahl geeigneter Influencer für den Unternehmen zuerst? Welche sind besonders wichtig?
Ein Insider wollte außerdem wissen: Was ist für Unternehmen wichtiger: Anzahl der Follower oder Qualität des Contents?

Sandra: Vielleicht noch eine kurze Definition vorab: KPI ist die Abkürzung für Key Performance Indicator und bezeichnet Kennzahlen anhand denen eine Kampagne oder ein Influencer gemessen wird. Bei Influencern sind dies zum Beispiel die Anzahl der Follower, Likes etc.

„Es bringt nichts, bei den Insights zu schummeln.“

Bevor ich auf die genauen Zahlen schaue, wandert mein Blick immer erst einmal über den Feed und die Stories des Influencern. Denn hochwertiger Content und Brand Fit sind die ersten beiden Punkte, die für unser Unternehmen passen müssen.

Anschließend schaue ich mir folgende KPIs an:

– Anzahl der Follower

– Engagement Rate (Verhältnis der Likes & Kommentare zu den Followern)

– Länderverteilung der Follower

– Geschlechterverteilung der Follower

Die Wichtigkeit ist dabei bei jedem Unternehmen, je nach Zielsetzung, unterschiedlich. Für uns spielt die Anzahl der Follower z.B. kaum eine Rolle dafür ist uns wichtig, dass mindestens 50% der Follower aus dem jeweiligen Markt kommen (z.B. Deutschland) und bei weiblichen Influencern mindestens 80% der Follower Frauen sind. Da wir bei uns im Unternehmen fast ausschließlich Performance orientierte Kampagnen durchführen, ist für uns zudem eine Engagement Rate von über 4% wichtig, da wir somit wissen, dass wir es mit einer aktiven Community zu tun haben und unsere Ergebnisse daran grob kalkulieren können.

Hier noch ein Hinweis am Rande: fast alle Unternehmen haben eigene Analyse Tools (es gibt auch viele kostenlose) – bei den Insights zu schummeln bringt also nichts 😉

Creators Inside: Sollen Influencer ein Media Kit mitschicken? Was gehört unbedingt rein?

Sandra: Ja, ein Media Kit oder zumindest Insights gehören in eine E-Mail direkt mit rein, denn Unternehmen werden immer danach fragen und so spart ihr euch einen Schritt zur erfolgreichen Zusage. Und hey! Ihr dürft stolz auf eure Zahlen und Content sein also zeigt sie ruhig!

Für mich gehören in ein Media Kit:

– kurze Vorstellung und Nennung des Instagram / Blog Namen

– Insights: Länder-, Alters- & Geschlechterverteilung der Follower, Reichweite von Post & Story

– Beispiel Content von erfolgreichen Kampagnen und ein paar Referenzen

– eine Preisliste für Story, Feed-Post, Video Content, Blog Post etc. mit einer kurzen Beschreibung was hierbei genau enthalten ist (z.B. 4 Sequenzen bei einer Story). Wichtig: schreibt ihr gleich mit rein ob die Preise brutto oder netto sind. Ein Hinweis wie „Preise zzgl. MwSt“ reicht.

Creators Inside: Wie müssen Influencer ihre Zahlen / Insights für eine Zusammenarbeit belegen? Werden die genannten oder übermittelten Insights anhand von Tools überprüft?

Sandra: Generell frage ich immer nach Insights als Screenshot aus der Instagram App. Vor allem die aktuelle Reichweite und Story Views ist für Unternehmen besonders wichtig und ihr wisst ja selber, dass sich das immer wieder ändert. Bitte habt daher Verständnis, wenn euch Unternehmen danach fragen, auch wenn ihr euer Media Kit bereits gesendet habt. Denkt dran: auf der anderen Seite sitzt nur ein Mensch der die Zielvorgaben des Chefs erreichen muss und daher vorher über alle Zahlen Bescheid wissen muss.

Wie oben schon erwähnt greifen Unternehmen auch immer auf weitere Analyse Tools zurück. Story Views oder Post Reichweiten können hierbei zwar (noch) nicht eingesehen werden (daher sind eure Insights wichtig), aber die Engagementrate, Followerentwicklung und Zielgruppenzusammensetzung nach Ländern, Geschlecht etc. werden hierbei analysiert. Es gibt zahlreiche kostenlose Tools wie z.B. Social Blade oder Hype Auditor, die einen groben Einblick geben und natürlich eine Menge zu bezahlenden Tools, die tiefere Einblicke gewähren.

Und nun ein wichtiger Punkt für euch: eine Analyse durch diese Tools ist meistens sogar gut für euch! Wir verwenden im Unternehmen z.B. ein bezahltes Tool, das automatisch alle Spam-Accounts aussortiert und uns die Zielgruppendefinition nur von den aktiven Followern anzeigt – denn nur diese interessieren uns. So kann es z.B. sein, dass euch auf Instagram nur 30% deutsche Follower angezeigt werden, in den Tools habt ihr dann aber 50%. Natürlich kann es aber auch nach hinten los gehen, denn auf einen Blick ist zu sehen, ob mal Follower gekauft wurde, wenn z.B. ein großer Teil aus Ländern wie Indien stammt.

Creators Inside: Ein Insider wollte außerdem wissen: Wird überprüft wieviele Follower ggf. über Loop Gewinnspiele gewonnen wurden? Ist diese Tatsache in irgendeiner Form relevant oder hinderlich?

Sandra: Auch das sieht man über die Analysetools auf einen Blick. Ich habe euch hier mal eine Follower-Statistik aus unserem Analyse Tool mitgebracht (Influencer bleibt natürlich anonym):

Wir sehen, dass am 27.12. auf einmal fast 100.000 Follower dazu gekommen sind und nun die große Frage an euch: wie sieht das für euch aus? Richtig: als hätte jemand Follower gekauft. Da ich selber auch als Influencer tätig bin kann ich jetzt natürlich Rückschlüsse ziehen, dass im Dezember super viele Influencer Gewinnspiele zur Weihnachtszeit gemacht haben und die Follower wohl daher kommen. Ein Marketing Manager, der aber vielleicht nicht selber so aktiv auf Instagram ist, hat dieses Hintergrundwissen nicht und für ihn kann das nur ein heißen: hier wurden wohl Follower gekauft. 

Und selbst wenn ein Unternehmen das nicht merkt, spätestens nach Ende der Kooperation sieht man ja, wenn das Verhältnisse zu den Story Views, Klicks, Likes etc. nicht stimmt – denn die meisten Follower, die durch diese Gewinnspiele dazukommen, folgen euch nicht weil sie euer Profil gut finden und sind somit nicht aktiv und entfolgen auf lange Sicht wieder, wenn sie merken sie haben nicht gewonnen und es kommen keine neuen Gewinnspiele.

Creators Inside: Wie oder womit kann dich ein Influencer als Online Marketing Managerin besonders von sich überzeugen?

Sandra: Mit dem Anschreiben seiner E-Mail! Stellt euch immer vor: da sitzt ein Mensch der hunderte Mails von Influencern pro Tag bekommt und muss entscheiden welche er sich genauer anschaut und welche nicht. Eine E-Mail, in der nur steht „Hallo ich möchte mit euch zusammenarbeiten“ und nicht mal einen Link zum Account enthält wandert z.B. direkt in den Papierkorb und bekommt nicht mal eine Absage, denn der Marketing Manager hat nur begrenzt Zeit für so viele Anfragen und am nächsten Tag warten schon wieder hunderte. Ihr müsst daher im Anschreiben direkt überzeugen! Ich vergleiche es auch immer gerne mit einer Bewerbung für einen Job, hier müsst ihr euch auch direkt im Anschreiben von anderen abheben, erst dann wird sich jemand euren Lebenslauf etc. anschauen.

„Influencer mit E-Mail Signatur wirken professioneller.“

Erzählt kurz von euch und warum ihr mit dem Unternehmen zusammenarbeiten möchtet. Nennt hier konkrete Punkte und nicht einfach nur „weil mir eure Produkte sehr gut gefallen“. Sucht euch z.B. einen Artikel raus und beschreibt gleich eine erste Idee für die Umsetzung. Ob das dann der finale Content sein wird ist egal, es geht nur darum, dass ihr euch Gedanken gemacht habt. Hängt dann am besten gleich noch eure Insights oder Media Kit mit an. Wenn der Marketing Manager alle Informationen kurz & knapp gesammelt vor sich liegen hat, wird er sich gerne mit euren Informationen beschäftigen, als wenn er erst alles einzeln anfragen muss und über mehrere Tage irgendwo abspeichert und wieder zusammensuchen muss. Auch hier wieder der Vergleich zur Bewerbung: liefert eine vollständige Bewerbungsmappe 🙂

Extra-Tipp: als Influencer bewegst du dich auf einer geschäftlichen Beziehung mit dem Unternehmen und was ist in jeder professionellen Business Mail zu finden? Eine Signatur! Ich würde behaupten, dass gerade mal 1% der Anfragen die ich von Influencern täglich bekomme eine Signatur enthalten, daher stechen die mit Signatur direkt heraus und sehen professionell aus. Vielleicht kann euch Verena hierzu nochmal einen eigenen Beitrag machen 🙂

Creators Inside: Was macht für dich eine gelungene Kooperation aus? Inwiefern sollte die Umsetzung über „ein Produkt in die Kamera zu halten“ hinausgehen?

Sandra: Eine authentische Integration ist am aller wichtigsten. Wir machen überwiegend Story-Kooperation und eine gute Kooperation sollte eher als Empfehlung und nicht als Werbung dargestellt werden und natürlich in den Alltag integriert werden. Wir sind daher z.B. auch kein Fan von Freigabeschleifen, denn eine vorab gedrehte Story kann gar nicht in den natürlichen Story Ablauf passen. Lieber vertrauen wir unseren Influencern und sie zeigen morgens vielleicht schon mal eine Sequenz und abends dann noch ein paar, einfach je nachdem wie es in den Alltag und zu den anderen Stories passt.

„Gewährt Unternehmen eine gewisse Exklusivität.“

Creators Inside: Welche besonders positiven Erfahrungen hast du als Online Marketing Managerin mit Influencern bereits gemacht? Was blieb dir im Rahmen der Zusammenarbeit besonders positiv in Erinnerung?

Sandra: Da wir im Unternehmen fast ausschließlich performance-basierte Kampagnen durchführen und kaum Branding Kampagnen, sind wir sehr zahlengetrieben und die besonders positiven Kampagnen sind die mit vielen Käufern. Über Codes und Analyse Tools können wir den Traffic, Neukunden, Umsätze etc. tracken und sehen daher genau wieviel uns welche Kampagne gebracht hat. Aus Creator Sicht weiß ich jedoch, dass man den Branding Anteil nicht vergessen darf, den jede Influencer Kampagne mit sich bringt. Aber natürlich hat jedes Unternehmen Ziele, die man als Marketing Manager erreichen muss, daher bleiben die Kampagnen mit hohen Umsätzen und vielen Neukunden natürlich besonders in Erinnerung 🙂

Creators Inside: Welche negativen Erfahrungen hast du ggf. als Online Marketing Managerin mit Influencern gemacht? Was ist für dich als Online Marketing Managerin ein absolutes NoGo?

Sandra: Wir lassen unseren Influencern so gut wie komplett freie Hand, aber manchmal hätte es wohl doch strengere Vorgaben gebraucht 😉 Es gab z.B. schon Influencer, die 5 Story Kooperationen an einem Tag gemacht haben und wir die aller letzte waren – die Kampagne war dann natürlich hinsichtlich Story Views, Klicks etc. nicht sehr erfolgreich weil von den Followern keiner bis zum Ende geschaut hat bei so viel Werbung. Wir sind zwischen den vielen Rabattcodes etc. untergegangen das ist natürlich sehr schade. Den Influencern kann ich daher nur raten: wenn ihr Interesse daran habt, dass euch das Unternehmen wieder bucht, dann gewährt ihnen einen gewisse „Exklusivität“.

Was leider auch ein sehr häufiger negativer Punkt ist: unprofessioneller Umgang in den Mails. Es ist eine Geschäftsbeziehung, also erwartet jede Seite eine sachliche und ordentliche Kommunikation. 

Ein NoGo in Sachen Preisverhandlung: das Argument „aber andere Unternehmen zahlen diesen Preis“ – seht es wie eine Gehaltsverhandlung: hier könnt ihr auch nicht einfach als Grund sagen „aber xx verdient auch so viel“. Argumentiert lieber mit euren Stärken. Zum Beispiel, dass ihr besonders hochwertigen Content erstellt, eine besonders aktive Community habt oder eine deutlich höhere Engagement Rate als der Durchschnitt.

Creators Inside: Welchen weiteren Tipp möchtest du Influencern aus Sicht einer Online Marketing Managerin und als Content Creator mitgeben? 

Sandra: Bleibt professionell, sendet keine unpersönlichen Massen-Anschreiben und antwortet auf Mails nicht einfach nur mit „hallo“ – Marketing Manager haben auch einen Namen 😉

Denkt einfach immer daran, dass auf der anderen Seite auch nur ein Mensch sitzt und es bei der großen Anzahl an Influencern auch ein bischen um den Punkt Sympathie geht. Und andersrum möchtet ihr doch auch keine unpersönlichen Mails von Unternehmen bekommen, bei denen man merkt sie sind unprofessionell und interessieren sich eigentlich gar nicht groß für euch. Es ist doch im Interesse beider Seite eine tolle Zusammenarbeit zu haben, oder? 🙂

Creators Inside: Vielen Dank für das Interview Sandra! Wir können alle so viel voneinander lernen. Danke insbesondere auch für den Einblick in die Unternehmerseite!

Habt ihr noch Fragen an Sandra? Dann schreibt sie gern in die Kommentare!

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Verena
Verena

Verena ist Bloggerin, Content Creator und Ästhetikfreak. Als digital native lebt sie Social Media und brennt für Content Strategien und Influencer Marketing. Ihre Mission ist es, Influencern und Creatorn dabei zu helfen ihr Business zu professionalisieren und sich besser zu vernetzen.

Auf ihrem Instagram Profil @my_philocaly und ihrem Blog www.my-philocaly.com teilt sie nicht nur Fashion & Style Tipps, sondern kann aktuelle Social Media Trends und Content Strategien selbst testen und optimieren.

Mehr von mir: Web | Instagram

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